Guatemala
Das Hauptproblem: Gewalt
Die Alltagsgewalt in Guatemala ist eine der höchsten weltweit. Im Jahr 2013 starben mindestens 5.259 Menschen, davon 525 Frauen (2012 waren es 5193, davon 465 Fälle an Femizid) einen gewaltsamen Tod. Normalerweise müssen diese Zahlen nach oben hin noch korrigiert werden, da viele Menschen zusätzlich als vermisst gelten und ihre Leichen oft erst Wochen oder Monate nach dem Delikt gefunden werden. Momentan bedeutet diese Ziffer, dass in Guatemala im Durchschnitt 15 Morde pro Tag begangen werden. Davon ca. 81% mit Schusswaffen.
Guatemaltekische Jugendliche sind Gewalt besonders ausgesetzt. Die UNDP stellt fest, dass die Hälfte aller Mordopfer in Zentralamerika jugendliche Männer zwischen 15 und 29 Jahren sind und nennt dafür zwei besondere Faktoren: soziale Ausgrenzung und die fehlende Möglichkeit zur Formung einer persönlichen Identität (und somit auch Selbstbewusstsein). Die Anzahl der Tötungsdelikte von Jugendlichen zwischen 15 und 24 ist laut UNDP die vierthöchste der Welt.
Jugendbanden
Gangs, oder so genannte pandillas oder maras, sind kein neues Phänomen in Guatemala, allerdings hat die aktuelle Brutalität der Banden in Guatemala erst seit Anfang der 2000er Jahre stark an Intensität gewonnen. Die wichtigsten Banden sind heute: Barrio 18 (18th Street Gang), Mara Salvatrucha (MS13) und White Fence (Cero Blanco, WF13).
Viele der Jugendlichen treten bereits im Alter von 12 Jahren der Bande bei. Die meisten stammen aus stark zerrütteten und sehr armen Familien. Die Bande bietet ihnen Sicherheit vor familiärer Gewalt sowie Geborgenheit, Geld, und Macht. Dinge, für die manche Jugendliche alles tun würden. Deshalb ist es besonders wichtig, diesen gefährdeten Jugendlichen eine Alternative zum Eintritt in die Banden zu bieten. In den letzten Jahren haben sich Jugendorganisationen als größte und wirkungsvolle Maßnahme herauskristallisiert. Auch ehemalige Bandenmitglieder haben dadurch auch vielfach bereits eine zweite Chance auf ein Leben außerhalb der Kriminalität erhalten.
Jugendbanden oder sog. Maras werden hauptsächlich verantwortlich gemacht für Tötungsdelikte in urbanen Gegenden und die Gewalt in der Gesellschaft generell . Und obwohl diese Banden eindeutig gewalttätig sind, sind sie jedoch nicht allein verantwortlich für eine Kultur der Gewalt oder Straflosigkeit. Die PNC (PoliciaNacionalCivil) behauptet, dass mindestens 65% der Tötungsdelikte in den Verantwortungsbereich der Banden fällt. Viele Menschenrechtsorganisationen jedoch behaupten, dass diese Zahl vollkommen irreführend ist. Auch die Weltbank schreibt 2011 in einem Bericht (Crime andViolence in Central America: A Development Challenge), dass Jugendbanden für nur etwa 15% aller Tötungsdelikte verantwortlich sind.
Guatemala-Stadt ist die größte mittelamerikanische Metropole mit über 3,2 Millionen Einwohnern in der Metropolregion im Jahr 2012 (INE 2013). Sie ist das wirtschaftliche sowie politische, kulturelle und gesellschaftliche Zentrum des Landes. In den letzten Jahren hat sich die Stadt zu einem Symbol für urbane Gewalt, nicht nur im Bezug auf Kleinkriminalität, sondern vor allemauf Totschlag, entwickelt. 2009 wurde Guatemala Stadt als „zweit-tödlichste“ Großstadt der Welt (nach Caracas, Venezuela) angeführt, mit einer Mordrate von 118,5 pro 100.000 Einwohner (UNODC 2011).
Die „Slums“am Stadtrand werden durch kleine Gassen geprägt, die an Hunderten von einstöckigen Häusern vorbeiführen, meist aus Wellblech, und nur gelegentlich aus Beton gebaut. Zahlreiche Häuser sind auf steile Hügel gebaut, wovon einige keinen Anschluss an Trinkwasser oder Elektrizität haben. Viele Häuser sind nicht registriert und besitzen keine Adresse, andere sind aufgrund von Schutzgelderpressungen durch Banden verlassen worden. Die wenigen Grünflächen sind nicht nutzbar, da sie, durch die fehlende Müllentsorgung, mit Abfall bedeckt sind. Viele Jugendlichebeschweren sich darüber, dass das Transportsystem schlecht ausgebaut und überteuert ist, die Schulen nur Grundschulbildung anbieten und die Gesundheitszentren selten oder gar nicht in Betriebsind. Diese unzureichenden Basisdienstleistungen und die fehlende Infrastruktur haben Folgen wie z.B. hohe Analphabeten-Quoten und die weit verbreitete Unterernährung in den betroffenen Vierteln. Auch die Arbeitslosenraten in den Vierteln sind sehr hoch, was wiederum zu häufigerTätigkeit im informellen Sektor und einer Zunahme der Kriminalität führen kann. Hinzu kommen noch daraus resultierende Probleme wie Alkoholismus, Drogenabhängigkeit und ein hohes Maß an geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt.
Wo wir arbeiten
Der Bereich von Villa Lobos, Mezquital und Umgebung gilt als eine der problematischsten und gefährlichsten Gegenden der Metropole, hier kommen bereits seit Beginn der 1980er Jahre Menschen aus verschiedenen Teilen Guatemalas zusammen. Die meisten von ihnen emigrierten aufgrund des Erdbebens von 1976 und des internen bewaffneten Konflikts aus dem Landesinneren.Dieser Sektor der Stadt umfasst einen Bereich von mindestens 42 Siedlungen, viele davon wurden ohne Baugenehmigung errichtet. Auf dieser insgesamt rund 5km² großen Halbinsel leben nach Schätzungen der Gemeinde Villa Nueva ungefähr 500.000 Menschen. Hier gibt es einen großen Mangel an grundlegenden Infrastrukturen und Dienstleistungen (Strom, Wasser, sanitäre Anlagen, Bildungseinrichtungen, uvm), und es gibt wenig Beschäftigungsmöglichkeiten für Jugendliche und kaum Initiativen zur Gemeindeentwicklung. Außerdem sind Programme und Aktivitäten in den wichtigen Bereichen der Förderung von Kunst und Kultur sowie zur Förderungder Beteiligung Jugendlicher am öffentlichen Leben selten, obwohl es in den letzten 5 Jahren in diesem Bereich auch Fortschritte gegeben hat da verschiedene Jugendgruppen gegründet wurden, die auf die Förderung der Kunst in Kombination mit Kultur, Bürgerbeteiligung und Gewaltprävention ausgerichtet sind (wie z.B. „JoVi“).Abgesehen davon, dass die Jugend gegen die oben genannten Probleme ankämpfen muss, ist sie auch der Militarisierung der Gemeinden, der politischen Unterdrückung durch den Staat, sowie Stigmatisierung, Diskriminierung und Kriminalisierung (vor allem im Bezug auf ihre Kleidung und Sprache) ausgesetzt. Weiteres wurden in den letzten Jahren auch zahlreiche öffentliche Einrichtungen und Erholungsräume geschlossen und/oder für andere Zwecke genutzt.